Iaido

Tanaya-Schule (traditionell, stehend)

 

Iaido bedeutet übersetzt der „Weg der Schwerttechnik“ (japanische Lautsprache) und kann auch in direkter Interpretation der Schriftzeichen als „der Weg jeder Situation mit innerer Harmonie zu entsprechen“ (I / iru = sein oder sich befinden und Ai /au = Harmonie oder zusammen, Do = der Weg) verstanden werden. Iaido gilt als edelste Budokunst und zugleich älteste Übungsform der japanischen Schwerttechniken und hat seinen Ursprung im Iaijutsu des mittelalterlichen Japans. Obwohl davor bereits Iai, seit es japanische Schwerter gibt, in verschiedensten Ausprägungen geübt wurde, ist Iaijutsu ab dem 16. Jahrhundert als definierte Methode und obligatorischer Teil des Lehrplans in zahlreiche Schwertstile integriert worden.

 

So standen den Samurai mit Kenjutsu / Kendo eine Übungsmöglichkeit des Schwertkampfes mit einem Holzschwert oder Bambusschwert gegen echte Gegner zur Verfügung und mit Iai eine Möglichkeit, die vollkommene Beherrschung im Umgang mit dem scharfen Schwert in Form von festgelegten Schwerttechniken gegen imaginäre Gegner zu üben. Da ein zum Kampf gezogenes Schwert von einem Samurai nicht zurückgesteckt werden sollte, ohne vorher Blut geschmeckt zu haben, war ein wichtiges Ziel im Iai, das eigene Schwert möglichst lange in der Saya (Scheide) zu lassen, jedoch in einer Kampfsituation mit einer schnellen Ziehbewegung aus nahezu allen Positionen und Bewegungen heraus zu reagieren und so den entscheidenden Schlag als erstes gegen den Gegner anzubringen.

 

Die auch für die Entwicklung des Kendo aufgezeigten Gründe hinsichtlich dem Aufstieg und Verfall des Standes der Samurai ab dem 12. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, sind identische Ursache für die Entwicklung des Iai und dem Umgang mit der für die Samurai wichtigsten Waffe. Der Begriff Iaido wird erstmalig Mitte des 20. Jahrhunderts für Schwerttechniken verwendet, die davor unter verschiedensten Namen bekannt waren. Die Bezeichnung „Do“, die im Laufe der Zeit in vielen japanischen Kampfkünsten die Benennung „Jutsu“ abgelöst hat, soll ausdrücken, dass neben dem Erlernen des technischen und kämpferischen Könnens, vor allem auch die eigene geistige und charakterliche Entwicklung angestrebt wird und es so zu der Einheit von Geist, Schwert und Körper (Ki Ken Tai Ichi) kommt.

 

In den genau festgelegten Bewegungsabläufen (Katas = Formen), die immer wieder in der Gruppe oder alleine geübt werden, wird das Schwert stets anfangs zu einer Angriffs- oder Abwehrtechnik gezogen , worauf unterschiedliche Techniken gegen einen oder mehrere Gegner ausgeführt werden, bevor das Schwert gereinigt und schließlich wieder zurückgesteckt wird. Durch das ständige Wiederholen der Katas und stetige Bemühen wird eine Verbesserung und Vertrautheit der einzelnen Schwerttechniken bis hin zur Perfektion erreicht, so dass Iai später eine Form dynamischer Meditation annimmt.

 

Um die Techniken anfangs leichter lernen zu können, werden sie zunächst mit Bokuto (Holzschwert) geübt und zum besseren Verständnis auch in der Anwendung mit Partner durchgeführt. Der spätere Umgang mit einem Iaito (stumpfes Schwert) oder einem Katana / Shinken (echtes Schwert) erfordert und fördert aufgrund der Gefährlichkeit der Waffe hundertprozentige Konzentration, einen perfekten Bewegungsablauf in idealer Körperhaltung und zugleich die Eigenschaften Mut, Entschlossenheit und Kampfgeist (Ki). Jeder muss im Training lernen, weder sich, noch andere mit der Waffe zu verletzen und sowohl das Schwert, als auch das Dojo (Übungsraum) nicht zu beschädigen. Da ein Gegner nur in der eigenen Vorstellung vorhanden ist, entstehen Schwächen bei einer eigenen unzureichenden körperlichen oder geistigen Haltung. So ist der Kampf im Training gegen den imaginären Gegner stets mit der Auseinandersetzung gegenüber dem eigenen Ich verbunden und verlangt stets vollen Einsatz mit ganzem Herzen und ruhigem Geist.

 

In den meisten Schulen wird eine Art Standard-Iaido als stilisierte Bewegungsübung gelehrt, was zu einem Verlust der ursprünglichen Effektivität zugunsten philosophischer Aspekte geführt hat. So werden die Techniken im Sitzen (Seiza) mit dem Schwert im Obi (Gürtel) steckend ausgeführt, was zwar hinsichtlich Aussehen und Stärkung der Hüftbewegung von Vorteil sein mag, aber aufgrund der Kampfaspekte und der Etikette früher der Realität nicht entsprochen hat und auch nicht in der ursprünglichen Methode enthalten war. Samurai durften stets innerhalb des Hauses das Katana nicht im Gürtel tragen, da es beim Betreten des Gebäudes in friedlicher Absicht abgelegt werden musste und somit nicht im Sitzen verfügbar war.

 

Dagegen wird in unserem Iaido-Stil die Tanaya-Schule entsprechend der Lehre von Thomas Preston und seinem geschätzten Lehrer, dem ehemaligen Polizeiausbilder von Tokio und führenden Schwertmeister, Tanaya Masami, praktiziert. Dieses Iai wird wie in der Zeit der Samurai, aufrecht stehend, schnell, dynamisch und kampfecht, durchgeführt. Alle 28 Katas werden in aufrechter Haltung, mit einem Katana ohne Sageo (Schwertband) und mit der notwendigen Effektivität und Präzision ausgeführt, die einer echten Schwerttechnik entspricht.

 

Aufgrund des Charakters von Iaido ist diese Kampfkunst für nahezu jede Altersstufe und jede körperliche Statur geeignet. Iaido ist jedoch als Aufbaustufe zum Kendo-Training zu sehen und kann ohne dieses nicht richtig verstanden werden. Es erfordert die Bereitschaft, den langen und zugleich faszinierenden Weg des Schwertes bis zur eigenen Vervollkommnung zu gehen. Erst durch die häufige Übung von Kendo in Kombination mit Iaido wird der echte Schwertkampf richtig erfasst, da sich der Kampf aus der Situation mit einem echten Schwert in der Scheide von einem Kampf im Kendo mit bereits gezogenem Holz- und Bambusschwert unterscheidet. Da die geistige und charakterliche Entwicklung der Hauptzweck des Schwertkampfes in der modernen Zeit geworden ist, ist die Kampfsituation mit dem echten Schwert gleichbedeutend zu den schwierigen Situationen des alltäglichen Lebens. So sollte es idealerweise möglich sein, jeden Kampf zu gewinnen, ohne dass das Schwert überhaupt gezogen werden muss.