Kendo
Traditionelles Shin Ken Kendo / Kenjutsu
Kendo bedeutet wörtlich übersetzt der „Weg des Schwertes“ und lässt sich auf Kenjutsu, die Schwertkunst der Samurai im mittelalterlichen Japan, zurückführen. Obwohl die ersten Schwertübungen bereits aus dem 8. Jahrhundert bekannt sind, entwickelte sich erst im Laufe der folgenden Jahrhunderte eine wirkliche Fechtmethode. Durch das Entstehen einer Militärregierung (Shogunat) in Japan und dem damit verbundenen Machtgewinn der Kriegerkaste Samurai ab dem 12. Jahrhundert, gewann der Schwertkampf auf dem Schlachtfeld zunehmend an Bedeutung. Das öffentliche Tragen der beiden Schwerter Katana und Wakizashi war den Samurai vorbehalten und stellte das wichtigste äußere Merkmal dieser führenden Klasse dar. Gleichzeitig verkörperte das Schwerterpaar die Seele dieser japanischen Ritter.
Der Ehrenkodex Bushido („Weg des Kriegers“) prägte sowohl den respektvollen und ritualisierten Zweikampf auf Leben und Tod, als auch die Verhaltensweisen der Samurai im alltäglichen Leben. Dabei gipfelt der Kodex in insgesamt fünf Hauptforderungen mit jeweils mehreren Inhalten: Treue (Treue gegenüber dem Herrscher und Liebe zur Heimat / Liebe gegenüber den Eltern und Brüdern / Fleiß), Höflichkeit (Ehrerbietung und Liebe / Bescheidenheit / gute Umgangsformen), Mannhaftigkeit (Tapferkeit / Härte und Kaltblütigkeit / Geduld und Ausdauer / Schlagfertigkeit), Wahrheitsliebe (Offenheit und Aufrichtigkeit / Ehrgefühl / Gerechtigkeit) und Einfachheit (Einfachheit / Bescheidenheit und Reinheit).
Während den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Feudalzeit Japans, kamen bereits die ersten Schwertschulen (Ryu) auf, die jeweils durch einen bestimmten Kampfstil charakterisiert und auf dem Schlachtfeld erprobt und weiterentwickelt wurden.
Bedingt durch die langanhaltende Friedensperiode ab dem Beginn des 17. Jahrhunderts, wurden immer mehr philosophische und persönlichkeitsbildende Aspekte im Kenjutsu berücksichtigt. Darüber hinaus musste sich ein Samurai in seinen Mußestunden den Wissenschaften und diversen Künsten, wie Kalligraphie, Poesie, Teezeremonie oder Ikebana, widmen. Dennoch wurde primär die Schwertkunst weiterhin als funktionale und realistische Kampftechnik in den mittlerweile überaus zahlreichen Schulen betrieben, da Schwertduelle untereinander genauso alltäglich waren, wie Unruhen oder Überfälle. Für die tägliche Übung wurde neben dem Holzschwert (Bokuto) das Fukuro Shinai, ein mit Leder überzogenes Schwert, das aus einzelnen Bambusstreben besteht, eingeführt. Durch die zusätzliche, dafür geeignete Schutzausrüstung (Bogu), konnten die Übenden realistische Schläge ausführen, ohne sich gegenseitig Verletzungen zuzufügen.
Durch die Öffnung Japans nach Westen gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Land schrittweise reformiert und modernisiert, so dass die Macht der Samurai allmählich zu Ende ging. Dies äußerte sich vor allem darin, dass das Tragen der Schwerter in der Öffentlichkeit ebenso verboten wurde, wie Schwertduelle und das Üben mit echten Schwertern. Viele Samurai gingen in eine neu aufgestellte Armee oder wurden Budolehrer und gründeten eine eigene Schwertschule. Aus dem Kenjutsu entwickelte sich so langsam das Kendo in seiner Art, wie wir es heute überwiegend kennen. Dabei steht das „Do“ – der Weg als Lebenspflege und Charakterbildung im Vordergrund.
Kendo hat sich mittlerweile weltweit als Kampfsport etabliert. Obwohl in vielen Schulen das moderne Sportkendo geübt wird, welches nach dem 2. Weltkrieg im wesentlichen auf eine reine Sportart reduziert wurde, praktizieren wir in unserem Stil traditionelles Kendo (Shin Ken Kendo – realistisches Schwert-Kendo / Feudalzeit-Kendo) gemäß der Lehre von Thomas Preston. Wir legen dabei weniger Wert auf den sportlichen Hintergrund, oder die Teilnahme an reglementierten Wettkämpfen. Unser Fokus richtet sich vielmehr auf die Effektivität und Präzision jeder einzelnen Kampftechnik, die, egal ob mit echtem Schwert, Holzschwert oder Stock ausgeführt, einen realen Kampf mit einem endgültigen Hieb, Stich oder Schnitt beenden können muss. Dazu gehören sowohl kraftvoll und groß ausgeführte Angriffstechniken in stabiler Haltung mit Kime (Vereinigung von geistiger und körperlicher Kraft in einem Punkt) und Kiai (Kampfschrei), wobei beim Auftreffen des Schlages die Hände und Handgelenke zur besseren Kontrolle am Griff eindrehen (tenouchi), wie auch möglichst klein und direkt ausgeführte Abwehrtechniken, eine Variabilität in Kampfstellungen (Kamae), Kampfebenen (Jodan / Chudan / Gedan) und Distanzen (Maai) und ebenso das dauernde Bewusstsein eines echten Schwertkampfes, verbunden mit der inneren Leere der eigenen Gedanken während des Kampfes (Mushin).
Kendo ist weniger auf Selbstverteidigung ausgerichtet, sondern, dem Bushido entsprechend, vor allem auf die Entwicklung von Kampfgeist, Kampftechnik, Disziplin, innerer Ruhe und Harmonie. Dieser stetige Weg des Lernens und Strebens nach Selbstvervollkommnung und Perfektion, beeinflusst somit in gleicher Weise positiv die geistige, seelische und körperliche Entwicklung des einzelnen Kendokas. Alltäglich erforderliche Charaktereigenschaften wie Mut, Selbstvertrauen, Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen werden dadurch ebenso gefördert, wie körperliche Ausdauer und geistige Konzentration.
Neben der traditionellen Etikette, den Grundtechniken (Kihon) und Formen (Kata), spielt bei uns besonders der partnerschaftliche Kampf (Ji-Geiko) gegen einen oder mehrere Gegner eine wichtige Rolle. Dabei sind Hebel- und Wurftechniken (Nage-Waza) ebenso erlaubt, wie Körperstöße (Tai-atari) oder andere, im Sportkendo untersagte Techniken. Geübt wird Kendo in unserer Schule sowohl mit, als auch ohne Rüstung und den Waffen Fukuro Shinai (Bambusschwert mit Lederüberzug), Bokuto (Holzschwert), Cho (Stock), Tanto (Messer) und Nito (Zweischwerttechniken mit Kurz- und Langschwert). Da wir die gegenseitige Unterstützung zum gemeinsamen Fortschritt und den Respekt gegenüber dem Partner als äußerst wichtig ansehen, werden Verletzungen im Training stets vermieden. Aufgrund des Charakters von Kendo ist diese Kampfkunst für nahezu jede Altersstufe und jede körperliche Statur geeignet.
(Quelle: budo-friedberg.de)